Trainingscamp
Vorbereitungen auf ein späteres Drama
/ 2011


Die deutsche Gesellschaft altert. Die Lebenserwartung der Menschen nimmt immer mehr zu. Gleichzeitig werden immer weniger Kinder geboren. 2030 werden die über 60-Jährigen die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Dabei gibt es bislang noch keine umfassenden Konzepte oder Ideen, wie man diese zusätzlichen Jahre sinnvoll nutzen sollte oder wie ältere Menschen ihre Kompetenzen einbringen können. Unsere Gesellschaft setzt weiter auf Produktivität, Leistung und Wachstumsdynamik. Nach wie vor dominieren Jugendlichkeitswahn und die damit einhergehende Abwertung älterer Menschen. Doch wollen wir dieses kapitalistische Menschenbild des unerschütterlich-potenten Leistungsträgers aufrechterhalten, wenn wir alle älter werden? Während der Sozialstaat ins Wanken gerät, werden viele Menschen immer einsamer, auch deshalb, weil die sozialen Milieus wie Familie und Nachbarschaft, die traditionell Schutz und Nähe gewährleisten können, zerbröckeln. Laut aktueller Medienberichte wird das Altern für viele von uns nicht gemütlich sein.
Fest steht: die Alten werden zum Massenphänomen. Als Masse werden sie relevant und damit nicht nur zu einer bestimmenden Konsumentengruppe. Mit ihren Ansprüchen an Versorgung werden die Alten auch zu einer gefühlten Bedrohung. Wer soll die Renten, all die künstlichen Hüften, die dritten Zähne, wer ihren Abgang finanzieren? Noch sind die Anderen die Alten. Aber früher oder später gehören auch wir dazu. Wir alle. Da heißt es: gelassen bleiben, Strategien entwickeln und dabei die gute Laune nicht verlieren.

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Die Theaterproduktion „Trainingscamp – Vorbereitungen auf ein späteres Drama“ ist Übungsplatz für unser Imaginationsvermögen. In einer Art offenen Versuchsanordnung blicken vier Figuren in ihre Zukunft. Subjektiv, realistisch, humorvoll. Umringt von Fakten und Prognosen aller Art, und unermüdlich begleitet von einer Live-Kamera, die jeden ihrer (Trainingsfort-)Schritte dokumentiert, versuchen sie sich vorzustellen, womit sie voraussichtlich in Zukunft – wenn sie alt sind – klarkommen müssen. Worauf hoffen sie? Was reden sie sich schön? Was befürchten sie? Was macht ihnen am meisten Angst? Werden sie einsam dahinvegetieren? In einem x-beliebigen Pflegeheim, von allen guten Geistern verlassen, irgendwo am Rand der Gesellschaft? Oder aktiv und selbst bestimmt im Leben stehen? In regem sozialen Austausch mit Anderen, beim Techno-Tanztee oder in der Computergruppe. Werden sie noch arbeiten oder werden sie nichts mehr arbeiten? Mit welchen Nebenjobs bezahlen sie ihre Miete? Wie halten sie sich fit? Geistig. Körperlich. Wird Sex noch ein Thema sein? Und nicht zuletzt: Wie könnte ein guter Abgang aussehen?

„Trainingscamp – Vorbereitungen auf ein späteres Drama“ ist das zweite Stück der aktuellen thematischen Reihe von unitedOFFproductions zu den Themen „Familie“, „Alter“ und „Sterblichkeit/Zukunft“. „Das letzte Abendbrot“ eröffnete diese Reihe 2010/11.

 


 

Regie, Bühne, Textfassung: Dieter Krockauer
Mit: Franziska Dick, Katharina Bellena, Mirca Preißler, Stefan Mehren
Dramaturgie, Co-Autor: Ron Rosenberg
Texte: Bellena, Dick, Mehren, Krockauer, Preißler, Rosenberg
Live-Kamera: Hendrik Schneller
Lichtdesign: Fabian Bleisch
Management: Mirca Preißler
Produktionsleitung: Johanna Marschall
Produktionsassistenz: Anja Gsottschneider

Gefördert durch:
Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Stiftung Niedersachsen

Eine Koproduktion mit:
LOT-Theater Braunschweig, Theater unterm Dach Berlin, Forum Freies Theater FFT Düsseldorf, Commedia Futura/Theater in der Eisfabrik Hannover