Until The End
site specific performance
/ 2005


Im Mittelpunkt der Performance stand die Auseinandersetzung mit der Figurenidee des Till Eulenspiegel. In unserer Anlage der Kunstfigur TILL stießen wir auf mehrere Parallelen, die auch auf unitedOFFproductions übertragbar waren: die Ungebundenheit und das im Grundansatz Nomadische unserer Freelancer- Existenzen sowie unser selbstgewähltes gesellschaftliches Außenseitertum als freie Künstler. In Hermann Botes Volksbuch „Till Eulenspiegel“ aus dem Jahre 1483 findet sich das in dieser Performanceproduktion leitmotivisch eingesetzte Handlungsprinzip Eulenspiegels: Till ist figurgewordene Reflexionsfläche, ein Drifter, Landstreicher, Vagabund, ein Antiheld, Outcast, der den Mitgliedern der Gesellschaft den Spiegel vorhält, um die Widersprüchlichkeit von Schein und Sein aufzuzeigen.

 

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Doch anders als in der Satire ist Till nicht nur der Beobachter, der die Fehlversprechen der Leute exemplarisch vorführt, sondern auch derjenige, der sich selbst zu dem Beobachteten, Verspotteten, Belächelten in Beziehung stellt, als selbstreflexive, erkenntnisfähige Figur. Somit lässt sich der Bogen über gesellschaftliche Reflektion zu den großen Themen wie Glauben und Religion, Liebe, menschliche Nähe und Sexualität, Leben und Sterben, Arbeit und Müßiggang spannen und in das Beziehungsfeld unserer postmodernen Weltauffassung setzen, in dem die Vereinzelung, die totale Individualisierung und Kommerzialisierung aller sozialen Beziehungen, sowie die Flexibilität, Ort- und Bindungslosigkeit die bestimmenden Parameter bilden.
untill the end war eine performative Begehung der verschiedenen Plateaus und Architekturen des höchsten Kirchturms Braunschweigs; Theaterszenen, Gesang, Tanz und Video wechselten einander ab – getarnte Suchbewegungen, die die fiktive Reise der Kunstfigur Till dokumentieren sollten. Eine Wanderung durch Splitter vagabundierender Gedanken, vorbei an zerschnittenen Bewegungen, Worten ohne Antworten, frei von Etiketten, zwischen Himmel und Hölle, abseits des Konsums.
Die Architektur der Andreaskirche und insbesondere des Kirchturmes bildete eine strenge formale und akustische Vorlage. Wir tauchten die einzelnen Ebenen in unterschiedlichste Atmosphären, verwandelten den Dachstuhl des Kirchenschiffes in ein Kammerkino, erzeugten Nähe und Gemeinschaft, und konfrontierten diese in der Darstellung mit den Themen Vereinzelung, Isolation und Urbanität unserer modernen Zeitgenossen.

Der für diese Produktion eigens erarbeitete VideoKurzfilm TILL KILL schloss die Performance ab und bündelte die Performance in einem voyeuristischen Streifzug durch das Innenleben der Stadt und der Beobachtung ihrer Bewohner – ein Lossagen alter Beziehungen, eine Ermutigung zum Aufbruch mit rasanten Wechseln zwischen Dokumentarfilm und Roadmovie.

 


 

Regie, Ausstattung: Dieter Krockauer
Choreografie, Ausstattung: Graciela González de la Fuente
Mit: Stefan Barmann, Silke Blechschmidt, Katharina Durka, Inge Günther, Swantje Hielscher, David Jeker, Daniel Klose, Mirca Preißler, Lia Wang
PR, Öffentlichkeitsarbeit: Claudia Stilling
Licht: Mathias Filbrich
Gefördert durch:
Stiftung Nord/LB-Öffentliche, Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Stadt Braunschweig
Veranstaltungsort von:
Kirchturm der St. Andreaskirche Braunschweig